Wissenschaftliche Bibliographie



Monographien

1. (a) Theorie der phantastischen Literatur, Tübingen / Basel (A. Francke-Verlag) 2001, 370 S.

Was ist und wie funktioniert phantastische Literatur?
Diese strukturalistische Untersuchung entwickelt eine allgemeine Theorie der Phantastik. Im Gegensatz zu bisherigen Arbeiten wird das Wunderbare nicht als Abweichung von der Wirklichkeit, als Verstoß gegen naturwissenschaftliche Vorstellungen begriffen, sondern als Bloßlegung literarischer Verfahren, deren immanente Wunderbarkeit durch Traditionsbildung unkenntlich und heimlich geworden ist.

Fragen der Inszenierung und literaturgeschichtlichen Entstehung des Phantastischen werden beantwortet. Themenlisten und psychologistische Spekulationen werden durch den Entwurf einer literaturwissenschaftlichen Theorie des wunderbaren thematischen Materials ersetzt. Ausführlich wird auf die Veränderungen des Genres im 20. Jahrhundert eingegangen und das Verhältnis der phantastischen Literatur zu anderen Genres, wie Sage, Kunstmärchen, Kriminalerzählung, Science Fiction usw., erörtert. Ein abschließendes Kapitel widmet sich der parodistischen Bedeutung der Phantastik. Diese Arbeit, die mit erheblichen Korrekturen die Forschungslinie Tzvetan Todorovs fortsetzt, entwirft eine operable Systematik und stellt der künftigen Forschung ein terminologisches Instrumentarium zur Verfügung.
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1. (b) Theorie der phantastischen Literatur, aktualis., korr. u. erw. Neuausg., Berlin (Lit-Verlag) 2007, 436 S.
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1. (c) 2. Aufl., Berlin (Lit-Verlag) 2010, 436 S.
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2. Das begrenzte Wunderbare: Zur Theorie wunderbarer Episoden in realistischen Texten und in Texten des 'Magischen Realismus', Berlin (Lit-Verlag) 2008, 416 S.

Das Wunderbare widerspricht den Prämissen des künstlerischen Realismus, dessen Erzähltexte sich als Abbilder einer wunderlosen Wirklichkeit ausgeben. Um so rätselhafter ist der beiläufige Auftritt wunderbarer Ereignisse in prominenten realistischen Erzählungen und Romanen. Zunächst ergeben sich zwei Fragen: 1. Mit welchen Verfahren gelingt es den Texten, ihren realistischen Charakter zu bewahren, obwohl die erzählte Welt wunderbare Ereignisse zuläßt? 2. Weshalb taucht das Wunderbare überhaupt in realistischen Texten auf, wenn es zum einen poetologisch disqualifiziert ist, zum anderen den realistischen Charakter der erzählten Welt aufs Spiel setzt? Diese Untersuchung entwickelt eine strukturalistische Poetik der Realismus-inkompatiblen Episode, sie ordnet das Phänomen literaturgeschichtlich ein und erhellt seine künstlerischen Funktionen. Das begrenzte Wunderbare wird dabei in eine realitätssystemische Gesamtsystematik integriert. Indem die Analyse das Phänomen anschließend mit der Literatur des Magischen Realismus in Beziehung setzt, wird ein zweites, weitergehendes Ziel verfolgt, nämlich eine umfassende Poetik jener Literaturformen zur Verfügung zu stellen, die mit dem Wunderbaren verbunden sind.
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Herausgeberschaften

1. Claudia Bath / Marlene Deines / Uwe Durst / Vincent Fröhlich / Sabrina Maag / Tom Reiss / Kristin Rheinwald (Hg.), Wie die 'Sopranos' gemacht sind: Zur Poetik einer Fernsehserie. Wiesbaden 2017.

The Sopranos hat neue künstlerische Maßstäbe gesetzt. Das über die Episoden fortlaufende Geschehen verläßt die Vertrautheit automatisierter Schemata, die in jeder Folge aktualisiert werden und den meisten TV-Serien bis heute zugrunde liegen. Bisherige, im Wesentlichen englischsprachige Untersuchungen verfolgen mehrheitlich einen interpretativen Ansatz, während dieses Buch sich den Verfahren der Serie widmet. Es ist der erste deutschsprachige Sammelband zur Poetik der Sopranos.
2. Stefanie Kreuzer / Uwe Durst (Hg.), Das Wunderbare: Dimensionen eines Phänomens in Kunst und Kultur. Unter Mitarbeit von Caroline Frank. Paderborn 2018.

Das 'Wunderbare' in seiner Komplexität und Vielfältigkeit sowie seinen fachwissenschaftlich kontrovers diskutierten Varianten ist der zentrale Untersuchungsgegenstand dieses ersten interdisziplinär angelegten Sammelbandes zu Dimensionen des Wunderbaren in Kunst und Kultur.


Artikel

1. "Begrenzte Wunder: Ansätze zu einer Theorie des Wunderbaren in realistischen Erzähltexten". In: Neohelicon. 29, 2 (2002), S. 161-175.

Realistische Erzähltexte definieren sich in Opposition zur Literatur des Wunderbaren. Gleichwohl entstehen international schon vor dem 20. Jahrhundert zahlreiche realistische Romane und Erzählungen, in denen sich wunderbare Ereignisse vollziehen. Während in systemspringenden Texten der plötzliche Auftritt des Wunderbaren die erzählte Welt ihrer bisherigen realitätssystemischen Definition beraubt, bleibt in diesen Texten des begrenzten Wunderbaren die Zugehörigkeit zur Gruppe realistischer Werke erhalten. Es stellt sich die Frage, auf welche Gründe dies zurückzuführen ist. Offenbar existieren Verfahren, die das wunderbare Ereignis in seiner realitätssystemischen Bedeutung entschärfen. Der Begriff des Wunderbaren in der Literatur und das Verhältnis zwischen realistischen, wunderbaren und phantastischen Texten ist angesichts des Phänomens zu differenzieren.
2. "Theorie der phantastischen Literatur: Eine Zusammenfassung". In: Quarber Merkur, 97/98 (2003), S. 9-24.
3. "Zur Poetik der parahistorischen Literatur". In: Neohelicon, 31, 2 (2004), S. 201-220.

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat sich eine Variante des historischen Romans entwickelt, deren Handlung nicht durch historische Ereignisse, sondern durch geschichtliche Alternativen geprägt wird. Texte dieser Art erzählen eine Welt, in der die Kunst des Buchdrucks schon im Altertum erfunden wird, sich die industrielle Revolution in der Renaissance vollzieht, oder die Achsenmächte den Zweiten Weltkrieg gewonnen haben. Eine eingehende literaturwissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Poetik diese Genres steht bislang aus.
4. "Holzwege der Literatur: Zu Simon Spiegels Artikel im 'Quarber Merkur' 97/98" [Titel durch einen Fehler des Verlags, eigentlich "Holzwege der Lektüre"]. In: Quarber Merkur, 99/100 (2004), S. 27-30.
5. "Drei grundlegende Verfremdungstypen der historischen Sequenz". In: DVjs. 2 (2009), S. 337-358.

Traditionelle historische Romane manifestieren eine weitgehend invariante Sequenz historischer Ereignisse, was zur Automatisierung der historischen Handlung führt und deren Deformation erzwingt. Ausgehend von Barthes' narratologischem Modell lassen sich verschiedene equentielle Verfremdungsverfahren unterscheiden.

Traditional historical novels manifest a largely invariant sequence of historical events, which leads to the automatization of the historical plot and enforces its deformation. On the basis of Barthes' narratological model several fundamental procedures of sequential defamiliarization are discernible.
6(a). "Realitätssystemisch einfache und komplexe Varianten der Spiel-im-Spiel-Struktur". www.springerlink.com/content/93t7515655313411 (erschienen 28. Nov. 2009).

In Dramen, die eine Spiel-im-Spiel-Struktur realisieren, werden (mindestens) zwei Fiktionsebenen etabliert, die realitätssystemisch entweder klar getrennt sind (einfache Variante) oder interagieren (komplexe Variante). In letzterem Fall vollzieht sich eine realitätssystemische Autonomisierung des sekundären Spiels.
6(b). "Realitätssystemisch einfache und komplexe Varianten der Spiel-im-Spiel-Struktur". In: Neohelicon. 37, 2 (2010), S. 489-507.
7(a). "Über die Lieder der Biermösl Blosn". www.springerlink.com/content/j1727848w421p781 (erschienen 24. Dez. 2010).

Die Biermösl Blosn ist eine in Deutschland sehr bekannte bayerische Musikkapelle, die sich parodistisch mit traditionellen ‘Volksliedern’ auseinandersetzt. Der Aufsatz untersucht die sich hierbei entfaltende evolutionäre Aktivität. Zunächst wird die kategorielle Differenz zwischen ‘echtem Volkslied’ und industriell gefertigtem ‘volkstümlichen Lied’ problematisiert und Ernst Klusens Auffassung bekräftigt, daß es so etwas wie das Herdersche Volkslied nie gegeben hat. Statt dessen gab und gibt es nur die Lieder sozialer Gruppen, die für sie lebenspraktische, nicht aber ästhetische Funktionen erfüllen. Die Biermösl Blosn zerbricht die petrifizierten Verfahren tradierter Gruppenlieder, wodurch diese präsentativ gewendet zu künstlerischen Gegenständen werden, die keine lebenspraktische Funktion mehr besitzen und ihren Gruppenliedcharakter verlieren. Die verschwundene Gruppe wird dabei durch bestimmte Verfahren simuliert.
7(b). "Über die Lieder der Biermösl Blosn". In: Neohelicon. 38, 1/2011, Seite 223-241.
8. "Begrenzte und entgrenzte wunderbare Systeme: Vom Bürgerlichen zum 'Magischen' Realismus". Beitrag zur Tagung Fremde Welten an der Universität Hamburg, 30. 9. - 3. 10. 2010. In: Lars Schmeink / Hans-Harald Müller (Hg.), Fremde Welten: Wege und Räume der Fantastik im 21. Jahrhundert, Berlin / Boston 2012, S. 57-74.
9. "Über die relative Eigengesetzlichkeit narrativer Realitätssysteme und die Bedeutung sequentieller Lücken". In: Reinhard Babel et al. (Hg.), Alles Mögliche: Sprechen, Denken und Schreiben des (Un)Möglichen. Tagungsband der Languagetalks 2012-Konferenz, LMU, 2012. S. 179-200. Würzburg 2014.
10(a). "Die realitätssystemische Struktur der Sopranos". In: Zeitschrift für Fantastikforschung, 4. Jg., 1/2014, S. 27-55.
10(b). "Die realitätssystemische Struktur der 'Sopranos'". In: Claudia Bath / Marlene Deines / Uwe Durst / Vincent Fröhlich / Sabrina Maag / Tom Reiss / Kristin Rheinwald (Hg.), Wie die 'Sopranos' gemacht sind: Zur Poetik einer Fernsehserie. Wiesbaden 2017, S. 203-233.
11. "Der Perspektive-Handlungskonflikt in Leo Perutz' Roman Zwischen neun und neun". In: Sprachkunst, XLII, 2/2011 [ersch. 2015], S. 301-320.

Vermeintlich schildert Perutz' Roman 'Zwischen neun und neun' eine Traum-Handlung, die zu der nullfokalisierten extradiegetisch-heterodiegetischen Perspektive in einem narratologischen Widerspruch steht. Die Forschung ist hiervon verwirrt und zur unwissenschaftlichen Mißachtung textueller Strukturen verführt worden. In Wahrheit liegt aber gar kein Perspektive-Handlungskonflikt vor, sondern eine realitätssystemische Radikalität.

Perutz' novel 'Zwischen neun und neun' seems to recount a dreamt action that in narratological terms would contradict the zero-focalised extradiegetic-heterodiegetic perspective. It is for this reason that research has been disconcerted and misled into an uncritical disregard for textual structures. There is, however, no contradiction between action and perspective to be found in the text; which offers a radical system of fictional reality.
12. "Der realitätssystemische Effekt der Komisierung". In: Hajo Diekmannshenke / Stefan Neuhaus / Uta Schaffers (Hg.), Das Komische in der Kultur. Unter Mitarbeit von Eva Stubenrauch. Marburg 2015, S. 19-32.
13. (Mit Stefanie Kreuzer und Caroline Frank): "Einleitung: Spielarten des Wunderbaren in Kunst und Kultur". In: Stefanie Kreuzer / Uwe Durst (Hgg.), Das Wunderbare: Dimensionen eines Phänomens in Kunst und Kultur. Unter Mitarbeit von Caroline Frank. Paderborn 2018, S. 7-26.
14. "Die sequentielle Lücke als Strukturmerkmal des Wunderbaren". In: Stefanie Kreuzer / Uwe Durst (Hgg.), Das Wunderbare: Dimensionen eines Phänomens in Kunst und Kultur. Unter Mitarbeit von Caroline Frank. Paderborn 2018, S. 155-165.

Um die Literatur des Wunderbaren von der realistischen Literatur zu unterscheiden, verweisen die meisten theoretischen Arbeiten auf die Verletzung der Naturgesetze. Andere Untersuchungen operieren mit kulturgemeinschaftlichen Wirklichkeitskonzepten. Beides ignoriert das literarische Faktum. Eine Orientierung am Paradigma sequentieller Möglichkeiten, die der realistischen Konvention zur Verfügung stehen, ist vorzuziehen. Hiervon ausgehend lässt sich eine spezifisch literaturwissenschaftliche Theorie des Wunderbaren entwickeln und sein Verhältnis zur realistischen Literatur erhellen.
15. "Perutz' Deformation der Geschichte in St. Petri-Schnee". In: Marie-Thérèse Mourey, Evelyne Jacquelin (Hg.), Phantastik und Gesellschaftskritik im deutschen, niederländischen und nordischen Kulturraum. Fantastique et approches critiques de la société. Espaces germanique, néerlandophone et nordique. Heidelberg 2018, S. 115-130.
16. "Der auferweckte Räucherfisch und der tote Gottessohn: Sind frühchristliche Wundererzählungen und wunderbare Subsysteme strukturell analog?" In: Ruben Zimmermann (Hg.), Faszination der Wunder Jesu und der Apostel: Die Debatte um die frühchristlichen Wunderrerzählungen geht weiter, Göttingen 2020, S. 67-77.
17. (Mit Claudia Bath) "Konative Funktion und realitätssystemische Strukturen in der TV-Warenwerbung". In: Lena Seehausen / Paulus Enke / Jens Herzer, Religion als Imagination: Phänomene des Menschseins in den Horizonten theologischer Lebensdeutung, Festschrift für Marco Frenschkowski, Leipzig 2020, S. 399-425.

Die Dominanz der konativen Funktion zeitigt in der TV-Warenwerbung eine Reihe realitätssystemischer Konsequenzen, die in Texten, in denen das Wunderbare eine Rolle spielt, besonders auffällig sind. Der Fiktionsaspekt des Spots wird zugunsten der Konativität durch Verfahren künstlicher Konnotationsbildung, die die Ware mit dem Wunderbaren verbinden, bagatellisiert. Die Aktivierung der evozierten Welt durch das Wunderbare demonstriert die realitätsverändernde Macht der Ware, die zur Omnipotenz tendiert. Der angestrebten geistigen Inaktivität des Rezipienten entsprechen Verfahren der schwachen oder fehlenden intratextuellen Markierung des Wunderbaren und die Bevorzugung bestimmter realitätssystemischer Formeln.
18. "Übergänge zur Phantastik / Fantasy". In: Lothar Bluhm / Stefan Neuhaus (Hg.), Handbuch Märchen, Berlin 2023, S. 419-425.
19. "Leo Perutz' Roman 'St. Petri-Schnee'" (in Klassiker der österreichischen Literatur, erscheint irgendwann einmal, ich wage keine Prognose).


Größere Rezensionen

1. "Winfried Freund, 'Deutsche Phantastik'". In: German Studies Review, 24, 2/2001, S. 390-392.
2. "Phantastik und Postmoderne: Horstkotte, Martin. 'The Postmodern Fantastic in Contemporary British Fiction'". In: Inklings Jahrbuch für Literatur und Ästhetik, XXIII, 2005, S. 235-240.
3. (Mit Maike van Delden) "Einführung in die Einführung: Spiegel, Simon. 'Theoretisch phantastisch: Eine Einführung in Tzvetan Todorovs Theorie der phantastischen Literatur'". In: Inklings Jahrbuch für Literatur und Ästhetik, XXIX, 2011, S. 311-315.


Populärwissenschaftliches

1. "Science Fiction". In: Programmheft des Stuttgarter Steinfuß-Theaters zur Inszenierung der Kurzgeschichte 'Die kreuzweise herausgeschnippelte Ausschließlich-am-Dienstag-Welt' ['The Sliced-Crosswise Only-On-Tuesday-World'] von Philip José Farmer. Stuttgart 2001, o.S.
2. 8 Artikel für Unsere Zeit (6 Bde., Brockhaus-Verlag).